Gütersloh (gpr). „Aufbewahren, aber nicht nur für sich bewahren“ – das ist der Anspruch, dem Archivar Stephan Grimm mit dem Stadtarchiv Gütersloh als Bildungseinrichtung gerecht werden will. Um dieses Ziel umzusetzen und auch die Gütersloher Schülerinnen und Schüler in die Archivarbeit mit Originalquellen über ihre Stadt einzuführen, sind die Anne-Frank-Gesamtschule und das Stadtarchiv Gütersloh die Initiative Bildungspartnerschaft des Schulministeriums NRW eingegangen. Gemeinsam mit Michael Schüthuth von der Fachkoordination für Gesellschaftswissenschaft und der Leiterin des Geschichtsprojektkurses „Erinnern für die Zukunft“, Regina Bökamp, hat Schulleiter Jörg Witteborg kürzlich die zweijährige Kooperationsvereinbarung mit Stadtarchivar Stephan Grimm unterzeichnet. „Ich habe in jungen Jahren selbst schon im Stadtarchiv Lübbecke gearbeitet und weiß wie spannend alte Dokumente sein können“, erinnert sich Schulleiter Jörg Witteborg an seine eigenen Erfahrungen in der Archivarbeit. Umso mehr weiß er zu schätzen, dass auch seinen Schülern diese Möglichkeit des außerschulischen Lernens geboten wird, um Geschichte nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch erfahren. Dabei geht es nicht nur darum, die Schüler in die Recherche, das Verständnis und die Analyse von Archivquellen einzuführen. Vielmehr sollen die Schüler mit dem Fokus auf Gütersloh einen lebendigen Zugang zu den eigenen Wurzeln bekommen, indem durch Gütersloher Quellen ein konkreter Bezug zur eigenen Lebenswelt geschaffen wird. „Zudem ist es auch wichtig, dass die Schüler lernen Informationen zu hinterfragen und kritisch zu reflektieren, um nicht alles zu glauben, was sie lesen“, betont Michael Schüthuth zusätzlich den Stellenwert der Entwicklung und Förderung von Recherche- und Informationskompetenz bei der Bildungspartnerschaft.
Und auch die Schüler freuen sich auf das Stadtarchiv als praktischen und außerschulischen Lernort. Bei der Vertragsunterzeichnung zeigten sich die Jugendlichen sehr interessiert und wollten so einiges vom Stadtarchivar wissen. Was ist das älteste Dokument im Archiv, wie entscheidet man, was archiviert wird und was ist für ihn persönlich das interessanteste Dokument gewesen? – Auf all diese Fragen wusste Stephan Grimm eine fachkundige Antwort. Und auch der kommenden Archivarbeit blicken die Schüler mit Spannung entgegen. „Ich war noch nie im Archiv, aber ich finde die Nähe zur Stadt ist etwas ganz besonderes. Ich wusste zum Beispiel gar nicht in welchem Ausmaß auch hier die Judenverfolgung stattgefunden hat, “ sagt die 17-jährige Marie Kisse, die sich auf die Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv freut. Und auchJudith Linnhoff, weiß jetzt schon, was sie sich von der Archivarbeit erhofft: „ Ich würde gern mehr über die Nazi-Zeit in Gütersloh und die Namensgebung unserer Schule zu erfahren.“ Die Zusammenarbeit des Stadtarchivs und der Anne-Frank-Schule als Teil des Landesprogrammes Bildungspartner NRW – Archiv und Schule zur politischen und historischen Bildung besteht dabei nicht nur formal, sondern setzt sich aus zahlreichen konkreten Aktivitäten zusammen. Zu diesen zählen unter anderen die Planung und Durchführung von fachspezifischen Lehrerfortbildungen und ein Stadtrundgang zu den Stolpersteinen als Erinnerung an die Judenverfolgung. Aber auch die Beratung und Begleitung des Projektkurses zur Geschichte und Namensgebung der Anne-Frank-Schule sowie der Facharbeiten im Rahmen des Geschichtskurses durch das Stadtarchiv sind Bestandteil der Kooperation. Die vielfältigen Aktivitäten im Rahmen der Bildungspartnerschaft ermöglichen somit, dass die Anne-Frank-Schule sowie auch das Stadtarchiv gleichermaßen von der beidseitigen Kooperation profitieren.
(Bild oben: von links Michael Schüthuth (AFS), Stephan Grimm (Stadtarchiv Gütersloh), Jörg Witteborg (AFS), Regina Bökamp (AFS)