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Spannung jenseits des Atlantiks

Wow! So etwas Spannendes wie die Präsidentenwahl in Amerika habe ich in den letzten Monaten, nein in den letzten Jahren nicht mehr erlebt.

In der Nacht vom 3. auf den 4. November war ich zunächst einmal schockiert, da Trump in den zuerst ausgezählten Wahlkreisen einen Vorsprung hatte. Und als er diesen im Laufe des nächsten Tages ausbaute, wurde ich langsam nervös.

Aber glücklicherweise holte Joe Biden in den nächsten Tagen auf. Ab Donnerstag baute sich meine Nervosität so langsam ab, sie stieg aber wieder an, als sich die Auszählung immer mehr in die Länge zog und immer noch nicht klar war, ob Trump es in den wichtigen Staaten mit vielen Wahlmännern nicht vielleicht doch noch schaffen würde. Da half es auch nichts, dass ich immer wieder im Internet nach Prognosen suchte.

Am Samstag kam dann die rettende Nachricht:  Biden und Harris haben die Wahl gewonnen.

Aber warum ist mir und vielen anderen diese Wahl so wichtig?

Viele Amerikaner sind zwar begeistert von Trump und seiner „Amerika first“ Strategie, da seine Politik einen positiven Einfluss auf die amerikanische Wirtschaft hatte. Auch hat er für den Truppenabzug in Krisengebieten wie Afghanistan gesorgt und aus Sicht vieler Amerikaner deeskalierend gewirkt.

Aber Trump hat in den Jahren seiner Präsidentschaft auch viele Entscheidungen getroffen, durch die er sein Land gespalten und die Partner in Europa verärgert hat. So hat er das Pariser Klimaabkommen gekündigt und  den freien Handel eingeschränkt, mal ganz abgesehen von seiner Coronapolitik und manchen unsäglichen Aussagen auf Twitter.

Biden dagegen steht für einen kooperativen Umgang mit der EU und einen größeren Einsatz für die Umwelt, da er angekündigt hat, den Ausstieg aus dem Klimaabkommen wieder rückgängig zu machen.  Außerdem möchte er aktiv gegen die Coronakrise ankämpfen, etwa durch kostenlose Tests für alle US-Bürger und Staatsgelder für die Wirtschaft.

Aber ist Biden wirklich geeignet, ein Land wie die USA zu führen. Schließlich ist er schon 78 Jahre alt und wirkt oft fahrig und vergesslich.

Aber es gibt ja bei den Demokraten nicht nur Biden, denn an seiner Seite steht mit Kamala Harris eine starke Frau, die übrigens die erste schwarze Vizepräsidentin sein wird.

Und auch wenn Trump bis heute seine Niederlage nicht wirklich akzeptiert, ist klar, dass es einen Wandel geben wird und die Hoffnung besteht, dass die Politik der USA wieder mehr durch Toleranz und Weltoffenheit gekennzeichnet sein wird. Eine der größten Aufgaben für Biden und Harris wird es aber sein, das gespaltene Land zu einen.

Text: Thore Brandau, Q2

Im Spagat zwischen Spaß und Corona

Die AFS Big Band hat in den 25 Jahren ihres Bestehens schon viele aufregende Zeiten erlebt, aber noch nie gab es für uns Musiker so große Herausforderungen wie in diesem Jahr, denn aufgrund der Pandemie mussten wir ständig neu planen.

Außerdem sind zu unserem großen Bedauern ganz wichtige Ereignisse dem Virus zum Opfer gefallen, wie zum Beispiel unsere seit langem geplante Konzertreise nach Palästina.

Aber warum nach Palästina? Man könnte sich natürlich die Frage stellen, ob es dort aufgrund der Konflikte zwischen den Israelis und Palästinensern nicht viel zu gefährlich ist.

Der Grund für dieses Ziel ist schlicht und einfach die Tatsache, dass die AFS in Ramallah seit vielen Jahren eine Partnerschule hat, und zwar  die School of Hope.

Die ersten Planungen für diese für uns alle so wichtige Fahrt begannen vor vier Jahren. Im November 2018 wurden dann wir Musiker mit ins Boot geholt. Gemeinsam mit Frau Pollmeier und einigen anderen Koordinatoren überlegten wir viele Details, etwa die Auswahl der Stücke und die gemeinsamen Probentermine mit unserer Partnerschule sowie die Auftrittsorte, aber natürlich auch das touristische Begleitprogramm wie den Besuch in Jerusalem oder das Baden im Toten Meer. Wir waren alle sehr aufgeregt und haben uns unglaublich auf die Reise gefreut, die am 13. April losgehen sollte, aber Corona machte uns einen Strich durch die Rechnung, denn in Israel und Palästina gab es schon sehr früh einen Einreisestopp für alle Menschen aus dem Ausland.

Nachdem wir die erste große Enttäuschung überwunden hatten, versuchten  wir etwas anderes. Die Möglichkeit einer Liveschaltung nach Ramallah wurde ausprobiert, aber kaum hatten wir uns auf einen Termin geeinigt, als Corona wieder zuschlug und wir sogar das virtuelle Treffen verschieben mussten.

Schließlich blieb uns als letzte Idee, eine musikalische Videobotschaft nach Palästina zu senden und im Gegenzug eine Botschaft von unserer Partnerschule zu empfangen. Daher trafen wir uns am 7.11. im Forum unserer Schule, um wenigstens diesen musikalischen Gruß an die School of Hope zu senden.

Videobotschaft School of Hope, Ramallah
Videobotschaft Anne-Frank-Schule, Gütersloh

Aber nicht nur die Großereignisse verlangten von uns ein Höchstmaß an Flexibilität, auch der ganz normale Probenalltag gestaltete sich schwierig. Das Hauptproblem ist natürlich der Abstand zwischen uns Musikern. Um ohne Maske, aber dennoch in Sicherheit proben zu können, müssen wir mindestens zwei Meter auseinander sitzen und natürlich ständig lüften.

Auch muss alle halbe Stunde eine Pause von 15 bis 20 Minuten eingelegt werden. Und damit alle diese neuen Regelungen umgesetzt werden können, proben wir nicht mehr donnerstags in der 10. und 11. Stunde, sondern montags von 17:30 bis 20:00 Uhr.

Auch wenn die zweieinhalb Stunden durch die Pausen und den Auf- und Abbau schnell vergehen, war die neue Probenzeit anfangs ein Diskussionsthema in der Gruppe. Aber erfreulicherweise sind bisher fast alle dabeigeblieben.

Nicht nur in den letzten Wochen gab es viele Änderungen, auch für die Zukunft gibt es neue Pläne. Frau Pollmeier hat uns vor kurzem vorgeschlagen, dass es mit der AFS Juniorband quasi eine Vor Big Band für die  Siebt- und Achtklässler geben könnte, in der sie mit dem Big Band Feeling vertraut gemacht werden. Das hätte den Vorteil, dass wir älteren und erfahrenen  Musiker uns auf einem höheren Niveau bewegen könnten, da wir uns dann nicht immer auf die neuen Musiker einstellen müssten, die noch nicht auf unserem Standard spielen.

Als „Haupt Big Band“ könnte sich die AFS Big Band mit schwereren Stücken auseinandersetzen, wodurch unsere Konzerte in Zukunft anspruchsvoller würden.

Ihr seht, dass sich in diesem Jahr viel geändert hat, aber das einzige, was sich nicht geändert hat, ist die Freude, die wir an der Musik haben und natürlich auch der Zusammenhalt in der  Gruppe. Und deshalb möchte ich euch vorschlagen, doch auch bei uns mitzumachen, egal, ob ihr in einer Bläserklasse seid oder euer Instrument einfach so zu Hause spielt. Wir erwarten euch im nächsten Schuljahr.

Text: Thore Brandau, Q2

Fotos: Fabian Flöper

Arbeiten bei Tönnies – Moderne Sklaverei vor unserer Haustür

Wir fahren ständig daran vorbei. Sehen Lastwagen und hören, wie Schweine quieken.

Der Schlachthof Tönnies hat seinen zentralen Firmensitz im Kreis Gütersloh und ist deswegen besonders präsent für uns. Gerade durch den großen Corona-Skandal ist Tönnies für alle Gütersloher ein Begriff geworden.

 Wir wissen schon lange, dass diese Art von modernen Schlachthöfen, die Art des Schlachtens und die dazu gehörige Massentierhaltung als Tierquälerei zu bezeichnen sind, aber dass nicht nur die Tiere in solchen Betrieben leiden, sondern auch die Menschen unter unmenschlichen Bedingungen leben und arbeiten,  wurde uns erst so richtig durch den großen Skandal im Sommer vor Augen geführt.

Da stellt sich natürlich die Frage, wie es denn jetzt, einige Monate später bei Tönnies und in ähnlichen Schlachthöfen aussieht, ganz unabhängig von den Maßnahmen, die dort wegen Corona ergriffen werden mussten.

Die Arbeit in Schlachthöfen ist sehr hart. Die Mitarbeiter müssten den ganz Tag stehen, sie müssen zum Teil schwere Lasten tragen und können nur wenige Pausen machen. Krampfadern und Rückenschmerzen sind häufig die Folge. Außerdem ist es in den Produktionshallen extrem kalt, weil das Fleisch durchgehend kühl gehalten werden muss.

Hinzu kommt,  dass die Beschäftigten häufig zehn bis 12 Stunden am Tag, bis zu 60 Stunden in der Woche bzw. mehr als 200 Stunden im Monat schuften müssen. Überstunden werden nicht bezahlt, fallen aber regelmäßig an, da zum Beispiel das Reinigen des Arbeitsplatzes nicht als Arbeitszeit angerechnet wird.

Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Mitarbeiter diese maximale Ausbeutung nur Monate oder wenige Jahre aushalten und die meisten Menschen hier in Gütersloh kein Interesse daran haben, diese Arbeit zu machen.  So kommen viele Arbeiter aus Polen und südosteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien und können kein Wort Deutsch. Die schlechte wirtschaftliche Situation in ihrer Heimat und das häufig niedrige Bildungsniveau  werden hier in Deutschland schamlos ausgenutzt.  Das ist für mich moderne Sklaverei, denn sie sind den Unternehmen hilflos ausgeliefert und bekommen für ihre harte Arbeit nur einen unangemessen geringen Lohn. Häufig sind sie hier bei uns komplett isoliert und haben auch aufgrund der schwierigen Arbeitszeiten und der Tatsache, dass viele nur für eine kurze Zeit nach Gütersloh kommen, keine Chance sich zu integrieren oder Kontakte zu knüpfen, geschweige denn die deutsche Sprache zu erlernen.

Hinzu kommt, dass viele der Tönnies-Mitarbeiter nicht regulär angestellt sind, sondern durch Subunternehmen, deren Machenschaften häufig absolut undurchsichtig sind, für sogenannte „Werkverträge“  angeworben werden. Viele Arbeiter gehen aus Unwissenheit für sie nachteilige Knebelverträge ein und haben keine Möglichkeit sich zu wehren.

Skandalös ist auch die Wohnsituation dieser Menschen. Sie leben zu dritt in einem Mini-Zimmer, teilweise in Schichten und bezahlen für solche Wohnungen überzogene Mieten. Außerdem sind diese Wohnungen manchmal Kilometer von der Firma entfernt; um zur Arbeit zu kommen, werden die Mitarbeiter in Busse gepfercht und müssen die Fahrtkosten selber zahlen.

Clemens Tönnies wurde schon häufig für diese gigantischen Missstände kritisiert, hat aber meistens die Schuld auf die Subunternehmen geschoben, um seine „weiße Weste“ zu behalten. Natürlich geht es nicht nur um Tönnies, denn dieser Betrieb ist nur ein Beispiel für viele, in denen Menschen unter unwürdigen, skandalösen Bedingungen arbeiten müssen.

Abschließend kann man sagen, dass der Skandal im Sommer letztendlich doch positive Folgen hatte, denn ab dem 1. Januar 2021 sollen die Werkverträge und etwas später die Leiharbeit verboten werden. Alle Mitarbeiter sollen in Zukunft fest bei den Unternehmen angestellt werden.  Und Tönnies will jetzt für die Mitarbeiter neue Wohnungen schaffen; wir werden sehen, ob die Wohnbedingungen dann wirklich besser werden.

Es gibt also einen kleinen Hoffnungsschimmer, aber so lange wir alle weiter möglichst billiges Fleisch kaufen werden, wird sich nicht wirklich etwas ändern. Uns sollte viel mehr bewusst sein, was sich hinter den billigen Preisen unserer Produkte versteckt, nämlich eiskalte Ausbeutung von Menschen, und das nicht nur im Ausland, sondern auch direkt vor unserer Haustür.

Text: Emily Niehaus, Q2

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